[𝗚𝗮𝘀𝘁-𝗥𝗲𝘇𝗶] Benjamin Cors: Aschesommer - Thriller | Literaturkritik von Henning Falk
- Henning Falk
- vor 3 Stunden
- 3 Min. Lesezeit
《 R E Z I - Gastbeitrag x Literaturkritik von Henning Falk 》
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Benjamin Cors: Aschesommer - Thriller
Erschienen am 15. Mai 2025 im dtv Verlag.
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🕴 Making his return to the salon of suspense. Pen sharp, tone dry: here comes … Henning Falk!
Literaturkritik zu Aschesommer von Benjamin Cors
Ein Thriller wie ein Fiebertraum: präzise, schweißnass, manchmal zu schön, um glaubwürdig zu sein.
Benjamin Cors ist ein Autor, der seine Leser nicht nur unterhält, sondern beschäftigt. Aschesommer, der zweite Band um die Sonderermittlungsgruppe 4, legt den Maßstab für den psychologischen Spannungsroman in den deutschsprachigen Regalen nicht neu – aber er poliert ihn glänzend auf.
Die Erzählung entfaltet sich in einer Sommerhitze, die beinahe ein Eigenleben entwickelt: nicht bloß Kulisse, sondern physischer Widerstand, der auf Figuren und Lesende gleichermaßen drückt. Cors gelingt es, diese atmosphärische Dichte fast unmerklich mit einer eskalierenden inneren Spannung zu verflechten. Der Plot operiert mit chirurgischer Präzision: keine Szene zu viel, kein Dialog unnötig. Es ist ein Thriller, der weiß, dass man keine Türen eintreten muss, wenn ein Blick genügt.
Besonders gelungen ist das psychologische Feintuning.
Die Täterfigur – aus der Isolation einer psychiatrischen Klinik heraus operierend – wirkt wie ein Echo auf literarische Archetypen à la Lecter, bleibt jedoch eigenständig genug, um nicht zur bloßen Referenz zu verkommen. Die Rätselstruktur des Romans fordert, ohne zu überfordern; die Grenzen zwischen Kontrolle und Kontrollverlust verschwimmen zusehends. Der Leser tappt nicht im Dunkeln – er fragt sich nur, ob er dem Licht noch trauen kann.
Jakob Krogh und Mila Weiss, die beiden Ermittlerfiguren, funktionieren als emotionale Koordinaten in einem ansonsten kühl kalkulierten Erzählgebäude. Cors spart ihnen Pathos, gönnt ihnen aber Widersprüche, Fehler, Reibung.
Gerade diese kontrollierte Imperfektion macht sie glaubwürdig – eine Qualität, die man in deutschen Genretexten leider nicht durchgängig voraussetzen darf.
Natürlich ist auch Aschesommer nicht ohne Brüche. Einige Nebenfiguren wirken eher als dramaturgisches Werkzeug denn als erinnerbare Charaktere – ein Problem, das vor allem dann schmerzt, wenn ihre Handlungen emotional aufgeladen werden sollen. Und an zwei, drei Stellen wünscht man sich vom Autor etwas weniger narrative Akrobatik und etwas mehr Vertrauen in die eigene Prämisse: Die Geschichte ist stark genug, sie muss nicht kunstvoller erscheinen, als sie ist.
Trotzdem: Wer thrilleraffine Literatur sucht, die nicht nach Holzschnitt, sondern nach Menschen fragt, die nicht im Blut, sondern im Zweifel watet, der wird an Aschesommer viel Freude haben.
Benjamin Cors schreibt präzise, mit einem feinen Gespür für Zwischentöne – und einem erfreulichen Desinteresse an literarischer Angeberei.
Ein Buch für jene, die Sommerhitze nicht mit Ferien, sondern mit Fieber assoziieren.
— Henning Falk
[Henning klassifiziert nicht in Sternen. Er verzichtet auf numerische Wertung. Er vertraut auf das Urteil des wohlwollend kritischen Lesers.]
Ein großes DANKE geht an den Betatester Henning Falk!
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