《 R E Z I 》
Beatrice Frasl: Patriarchale Belastungsstörung - Geschlecht, Klasse und Psyche
VÖ: 1. Dezember 2022, Haymon Verlag • •
Absolut beeindruckend! Scharfzüngig klug & erfrischend rebellisch
"Wenn es um psychische Gesundheit und Krankheit geht, tun wir oft und gerne so, als ginge uns das alles nichts an." (S. 14)
"Psychisch Erkrankte sind keine 'Wesen von einem anderen Stern'. Im Gegenteil, sie sind 'zutiefst menschlich'." (S. 15)
Beatrice Frasl zeichnet ein schonungslos ehrliches Spiegelbild der Gesellschaft in Sachen psychische Gesundheit, das beeindruckend scharfzüngig, fundiert und detailliert ist und gleichzeitig erfrischend rebellisch provokativ.
Für mich persönlich war jede einzelne Seite faszinierend, interessant, ja sogar passionierend. Es war ein permanentes Gefühl, dass ich das Buch nur ungern beiseitelegen möchte, sobald ich einmal mit dem Lesen begonnen hatte.
Beim Lesen erfahren wir, dass nicht alle psychischen Erkrankungen im selben Ausmaß stigmatisiert sind, denn je enger sie im gesellschaftlichen Diskurs mit "Verrücktheit" assoziiert sind, desto weniger dürfen sie thematisiert werden, so Frasl:
"Vor allem Störungsbilder, die psychotische Schübe beinhalten, also Schizophrenie oder manche Formen dissoziativer Störungen, wahnhafte Störungen und starke Ausprägungen bipolarer Störungen scheinen in wesentlich stärkerem Ausmaß stigmatisiert und tabuisiert zu sein als Erkrankungen ohne psychotische Episoden." (S. 65)
So schlussfolgert die Autorin, dass psychisch Kranke in zwei Kategorien sortiert werden: Jene, mit Depressionen und Ängsten und jene, die "wirklich Verrückten", denen gegenüber die Vorurteile weiterhin aufrechterhalten oder sogar verstärkt werden.
Und so mögen Insta-Influencerinnen, Schauspielerinnen etc. ihre Followerschaft den lieben langen Tag dazu auffordern, in Therapie zu gehen - doch, wenn keine Kassenplätze frei sind, werden das nur die wenigsten von den Betroffenen tun können.
Ein absolutes Must-read!
⭐⭐⭐⭐⭐
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