《 R E Z I 》
Roxane Gay: Halb so schlimm: 29 Essays über Rape Culture
VÖ: 11. September 2024, btb Verlag
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29 Essays, die weh tun müssen: Hinschauen, wo es am schwersten fällt
»Das Mädchen, das ich früher war, haben diese Jungen getötet, aber sie haben mich nicht ganz getötet.« (S. 9)
Ich möchte nicht viele Worte verlieren, aber möglichst viele Menschen dazu bringen, dieses Buch über Rape Culture* zu lesen.
Auch wenn es im Bauch brodelt, einem übel wird, die Kehle sich zuschnürt und man kaum atmen kann – diese Essays reißen auch Nichtbetroffene mit. Sie zwingen zum Hinschauen und Mitfühlen, was viele lieber verdrängen würden. »Halb so schlimm« ist ein ungeschöntes, kompromissloses Leseerlebnis, das dich nicht unverändert zurücklässt.
Roxane Gay zerreißt den Schleier des Schweigens über Rape Culture.
»Irgendwann hatte ich endlich genug Menschen kennengelernt, hauptsächlich Frauen, die ihre schrecklichen Erlebnisse für halb so schlimm hielten, genau wie ich, obwohl sie eindeutig ganz schlimm waren.« (S. 11)
Die Essays sind kraftvoll und mächtig. Sie sind roh, ungefiltert, ungeschliffen. Umwerfend berührend, unerträglich traurig, tief erschütternd. Hier geht es nicht nur um Vergewaltigungen als Akt selbst, sondern auch um alltägliche Mikroaggressionen wie anzügliche Bemerkungen, unerwünschte Berührungen oder das Herunterspielen sexualisierter Gewalt.
Die alltäglichen, persönlichen Geschichten können bei Betroffenen Erinnerungen wecken. Doch sie ermutigen, den eigenen Erfahrungen nachzuspüren und Wut sowie Trauer Raum zu geben.
»Irgendwie würde ich sie vor dem bewahren, was uns als Nächstes passieren wird, obwohl ich weiß, Süße, dass es nicht deine Schuld ist. Nichts davon ist deine Schuld. Hörst du mich? Nicht. Deine. Schuld.« (S. 28)
[*Rape Culture (von englisch rape „Vergewaltigung“, und culture „Kultur“) bezeichnet soziale Milieus oder Gesellschaften, in denen Vergewaltigungen und andere Formen sexualisierter Gewalt verbreitet sind und weitgehend toleriert oder geduldet werden.]
⭐⭐⭐⭐⭐
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