《 R E Z I 》
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Daphne Palasi Andreades: Brown Girls: Roman
VÖ: 12. Juni 2024, Luchterhand Literaturverlag
Aus dem amerikanischen Englisch von Cornelius Reiber.
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Wenn Vielfalt zur Klischeefalle wird: Wie „Brown Girls“ an seinen Ambitionen scheitert
„Solche Jungs sind nicht gut genug für dich – siehst du das nicht?
Und so »sehen« manche von uns – die gehorsamen Mädchen, die Enttäusch-deine-Familie-nicht-Mädchen, die Willst-du-nicht-was-Besseres-im-Leben-Mädchen – dann doch." (S. 65)
Eine moderne, essayartige Geschichte straight outta Queens, New York.
Queens, die Königin der Kulturen. Mehr kulturelle Diversität aka Multikulti als hier geht nicht, denn New York war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts der vibrierende Traum vieler Vertriebener und Flüchtlinge.
Inmitten dieses Stadtbezirks jonglieren die „Brown Girls“ mit ihrem Migrationshintergrund und der amerikanischen Kultur, in der sie erwachsen werden.
„Wir sind die, die so unglaublich hart gearbeitet haben. Amerikanische Mädchen, die den American Dream leben.
Aber wofür? Und für wen?“ (S. 96)
Positives:
Ein Cover, das sofort ins Auge springt, und ein Klappentext, der meine Neugier geweckt hat. Geschrieben ist das Buch auch richtig gut; ich konnte es schnell und fast in einem Rutsch durchlesen. Man spürt deutlich die erzählerische und stilistische Kreativität der Autorin, abgesehen von den Poetry-Slam-Vibes. Besonders fasziniert hat mich der erfrischende Schreibstil und die lebendige Darstellung von Queens als pulsierender Schmelztiegel der Kulturen.
Kritik:
Doch leider wurde das Buch dem Hype nicht gerecht, und das aus mehreren Gründen.
Beim Lesen ging mir die Leichtigkeit massiv verloren, denn Daphne Palasi Andreades will allem gerecht werden. Dabei bedient sie sich in ihrer „woken“ Lyrik nahezu zwanghaft jeder möglichen Variante, um die Political Correctness in Bezug auf Gleichberechtigung, kulturelle Vielfalt, Lebensfacetten und Inklusion strikt und penibel einzuhalten.
Paradoxerweise liest sich die kollektive Erzählstimme des chorischen „Wir” aller „Brown Girls” (Women of Color) dagegen wie eine Übergeneralisierung, die die Vielzahl ethnischer Gruppen auf gesichtslose Stereotypen kultureller Vielfalt reduziert, was mich von den Mädchen eher distanziert als mitfühlend gemacht hat.
Will sie damit wirklich alle nicht-weißen Frauen repräsentieren? Die Autorin selbst ist Filipina. Kann sie also für die Gefühle und Erfahrungen Schwarzer Mädchen sprechen?
Ich hätte mir gewünscht, dass der Roman mehr in die Tiefe geht und wirklich individuelle Nuancen zeigt, wie es ist, als „braunes Mädchen“ in einer überwiegend „weißen” Region oder Gemeinschaft aufzuwachsen.
Für mich persönlich hinterlässt dieses Buch den Eindruck von abgedroschenen, trivialen Aussagen, Banalitäten, Klischees, die sich krampfhaft als Kunst inszenieren. Ohne tiefere Emotionen in mir auszulösen, ohne mich zu inspirieren oder mir etwas Bedeutsames zu vermitteln.
Denn die Autorin versucht mit ihren oberflächlichen, vermeintlich intellektuellen Empörungen und Belehrungen, ein unfassbar breites Spektrum an Erfahrungen, Zeitgeist und Lebenswelten der immigrierten BIPoC-Mädchen abzudecken.
In diesem kunterbunten Potpourri wird wirklich kein Thema ausgelassen! Das war mir definitiv zu viel:
Erwachsenwerden, Mutter-Tochter-Beziehung, Familienerwartungen samt traditioneller Werte, kulturelle Identitätskämpfe, weibliche Freundschaft, Rassismus, Vorurteile, Ausgrenzung, Geschlechtsidentität, Jungs („white boys“ & „brown boys“), Selbstfindung, Verlust, Politik, Trump, Historisches, Mutterschaft / Nicht Mutter sein, die Pille danach, und vieles mehr.
Gender-Sternchen und das Gender-Pronomen „they“* dürfen natürlich genauso wenig fehlen wie die „Glutenfreilaktosefreiketopaleobio-Leute“, die Virus-Pandemie und der Tod.
[💬 *Anmerkung: Meine Rezension kritisiert nicht die Verwendung von Gendersternchen und Pronomen im Allgemeinen. Vielmehr stört mich, dass die Autorin diese und andere scheinbar bewusst als Stilmittel einsetzt, nur weil es gerade 'woke' und en vogue ist. Es fühlt sich für mich so an, als würde sie alle Trendthemen zusammenmixen, um den aktuellen Hype zu bedienen.]
Fazit:
Auch wenn „Brown Girls“ leider hinter seinen großen Ambitionen zurückbleibt, bin ich gespannt, was Daphne Palasi Andreades als nächstes veröffentlicht!
„Was ist Freund*innenschaft?, denken wir. Ein Fossil, ein altes Foto, ein Puzzle?“ (S. 200)
„Wie überbrücken wir die fehlenden Jahre? Wie die Distanz, die wir empfinden?“ (S. 201)
2,5 ⭐
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